Hybrid Learning
Die Verschmelzung analoger und digitaler Lernprozesse
Was genau ist Hybrid Learning und wie unterscheidet es sich von Blended Learning? Ist Hybrid Learning ein Trend, den auch Sie in Ihrem Unternehmen berücksichtigen sollten? Was sind das "Inverted Classrooms Model", "Seamless Learning" oder "Pervasive Learning"? Und wie können Sie die Vorteile sowohl analogen als auch digitalen Lernens fördern, ohne beide als Gegensätze zu verstehen? Damit Sie zeitgemäße Lernprozesse gestalten können, erklären wir diese Begrifflichkeiten und beschreiben, was Hybrid Learning ausmacht.
Hybride Welt
Eine Einführung
Es scheint, als sei das hybride Jahrhundert angebrochen: Verschiedenartiges wird zusammengesetzt und vereint. Autos fahren hybrid mit Strom und Kraftstoff, die Pandemie machte hybride Arbeitswelten zum Normalzustand. Und mit hybriden Gesellschaften tauchen komplexe Netzwerke am Horizont auf, in denen Menschen mit intelligenten digitalen Technologien auf ganz neue Art und Weise interagieren. Die Hybridisierung hat auch den Bereich der Lernstrategien erreicht: als Verschmelzung von analogen und digitalen Formaten.
Blended Learning in Abgrenzung zu Hybrid Learning
Wenn analoge und digitale Lernformate kombiniert werden, sprechen wir seit den späten 1990er Jahren von Blended-Learning. Dahinter steckt der Gedanke, dass zwei Lernformate, nämlich Präsenzlernen und Onlinelernen zusammen den größeren Lerneffekt bieten. Im Blended Learning werden Lernziele durch die sequenzielle Ergänzung von Präsenz- und Onlinelernen erreicht. Dabei kann der Fokus auf 1) E‑Learning, 2) Präsenzlernen im physischen Raum liegen oder 3) die Anteile können ausgeglichen sein.
Vorteile der verschiedenen Lernformate
Onlinelernen
Im Web-based Training als typisches E‑Learning können sich Lernende komplexes Wissen interaktiv aneignen. Sie lernen zeit- und ortsungebunden und können ihr eigenes Lerntempo bestimmen. Dabei sind zwei Gestaltungskriterien maßgeblich für den Lernerfolg. Zum einen die Komplexitätsreduzierung von Lerninhalten durch didaktisch sinnvolle Interaktivität. Zum anderen die User Experience aus nutzerzentrierten Design und hoher Usability des digitalen Interface.
Präsenzlernen
Im analogen Präsenzlernen profitieren die Lernenden von der Direktheit der Interaktion zwischen den Lernenden und Lehrenden. Diskussion, Reflektion bzw. das haptische Erleben von Lerngegenständen können hier besonders gut umgesetzt werden. Der Lehr-Lernprozess ist intuitiv und unmittelbar und findet in einem möglichst lernförderlich gestalteten physischen Raum statt.
Blended Learning bedeutet, übersetzt man es wörtlich, „vermischtes Lernen“. Oft ist es das aber nicht, denn die Lernformate wechseln sich ab und ergänzen sich didaktisch. Ein Beispiel hierfür ist das Inverted Classroom Model bzw. der Flipped Classroom: Das umgedrehte Klassenzimmer. Der theoretische Wissensaufbau wird der vertiefenden Diskussion vorgelagert, beispielsweise durch ein interaktives Web-based Training. Die Lernenden eignen sich das Wissen selbstreguliert an. In der Präsenzveranstaltung wird das Wissen durch gemeinsame Reflexion und Diskussion vertieft. Blended Learning ist also ein Wechsel verschiedener Lernformate, dessen Fokus je nach Lernziel und -kontext auf dem analogen oder digitalen Teil liegen kann.
Digitale Technologien im analogen Lernraum
Lernförderliche Entgrenzung: Hybrid Learning
Heute haben wir es mit der Allgegenwart intelligenter und vernetzter Technologien zu tun: Wir sitzen nicht nur vor dem Computer, sondern tragen sie buchstäblich in der Hosentasche. Smartphones und Tablets sind so auch ein selbstverständlicher Teil von Weiterbildungsseminaren und universitären Vorlesungen geworden. Sie öffnen die Grenzen von Seminarräumen und Hörsälen für Lernressourcen aus dem World Wide Web. Sie ermöglichen die Interaktion zwischen Auditorium und Lehrenden. Präsenzlernen vermischt sich mit Online-Technologien und wird dadurch hybrid.
Diese Allgegenwart hat Auswirkungen auf die Gestaltung von Lernprozessen. Auf der Seite der digitalen Lernformate sind ganz neue Wege des sozialen und kollaborativen Lernens möglich, sowohl synchron als auch asynchron: Virtuelle Klassenräume bringen soziales Lernen in die Welt des E‑Learning. Kollaborationssoftware schafft neue Wege der gemeinsamen Erarbeitung von Wissen (Co-Creation) und löst sie zudem von Zeit und Raum. Die Grenzen zwischen physischem und virtuellem Lernraum verschwimmen, der Lernprozess wird hybrid.
Aspekte dieser Entgrenzung finden sich auch in weniger bekannten Konzepten. Das nahtlose Lernen (Seamless Learning) sowie das durchdringende Lernen (Pervasive Learning) unterscheiden sich in ihrem spezifischen Blick auf Lernprozesse. Beiden gemein ist die Vorstellung, dass der ideale Lernprozess als technikbasierter Fluss zwischen Lernorten, Lernformaten und Lerngelegenheiten verstanden werden muss.
Seamless Learning
Der Grundgedanke des Seamless Learning besteht darin, dass es nahtlose Lernübergänge und keine Lernbrüche mehr gibt. Ein Lernübergang kann dabei bspw. die Dimension Zeit & Raum umfassen. Aber auch eine spezielle Lernaktivität in den Formaten Analog & Digital kann ein Übergang im Lernprozess sein. Mobile Geräte möglichst nahtlos beim Lernen und im Unterricht zu integrieren, ist eine Zielsetzung des Mobile Seamless Learning.
Pervasive Learning
Der Begriff wurde offiziell von Dan Pontefract in seinem Buch Flat Army geprägt: „Creating a Connected and Engaged Organization (Wiley, 2013)“. Er definiert pervasives Lernen als "Lernen in der Geschwindigkeit des Bedarfs durch formelle, informelle und soziale Lernmodalitäten". Das bedeutet, dass sich ein Lernprozess vom Präsenzseminar über Online-Kurse, informelle Lernaktivitäten und das Lernen im Moment des Bedarfs erstreckt. Das heißt, Lernen ist zu jederzeit, von überall aus und mit schier unbegrenzten Wissensressourcen möglich. Es findet seine Grenzen weder in Lehrbüchern noch in formalen Lernformaten.
Unterscheidung Hybrid Learning und Blended Learning
Der Unterschied zwischen Hybrid Learning und Blended Learning besteht also darin, dass Präsenz- und Onlinephasen beim Blended Learning voneinander getrennt ablaufen. Hybrid Learning beschreibt hingegen eine Abfolge von Lernaktivitäten, die sich nicht eindeutig den Sphären analog und digital zuordnen lassen.
Beispiel: Eine Lernaktivität startet im Seminarraum und umfasst die Internetrecherche zu verschiedenen Aspekten eines Themas in Gruppenarbeit. Die Ergebnisse der Gruppen werden in einem geteilten Dokument digital zusammengeführt und aufbereitet. Trotz des physischen Lernraums ist die Lernaktivität größtenteils digital. Umgekehrt lassen sich im nächsten Schritt die Ergebnisse in Online-Sessions ortsunabhängig diskutieren und reflektieren, angereichert z. B. durch die Zuschaltung von FachexpertInnen. Auch hier kann ein Großteil der Vorteile von Präsenzlernen digital abgebildet werden.
Tipp für geteilte Dokumente: Mit einem Autorentool lassen sich Wissensinhalte nicht nur kollaborativ sammeln, sondern effizient für interne Lernprozesse aufbereiten und im Lernökosystem des Unternehmens teilen.
Fazit.
Blended Learning steht für die Abfolge von klassischen Präsenz- und Onlinephasen zur Erreichung des Lernziels. Hybrid Learning steht für die Auflösung starrer Grenzen zwischen analog und digital. Kompetenzen entwickeln sich über Grenzen physischer Lernräume hinweg. Klassische und kollaborative Lerntechnologien sind Träger dieser Entwicklung und nehmen großen Einfluss auf die Weiterbildung in Unternehmen und auf das Angebot von Bildungseinrichtungen.
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