Lernmotivation steigern im E‑Learning
9 Expertentipps
Motivierte Teilnehmende lernen nicht nur schneller, sondern behalten neues Wissen auch langfristig im Kopf. Grundlegend gilt natürlich wie auch im analogen Lernprozess: Relevanz, Anerkennung und Spaß sind die Grundlagen für Motivation. Die gute Nachricht: Auch im E‑Learning lassen sich diese motivationalen Faktoren gezielt positiv beeinflussen. In diesem Beitrag finden Sie 9 konkrete Expertentipps, mit denen Sie den E‑Learning Prozess so gestalten können, dass Ihre Mitarbeitenden garantiert motiviert sind!
Extrinsische vs. Intrinsische Motivation
Menschen tun Dinge aus zwei verschiedenen Gründen: Weil sie selbst aus eigenem Antrieb etwas tun wollen, oder weil das “Außen” ihnen Anreize schafft. Oftmals kommen auch beide Arten der Motivation – die innere, intrinsische und die äußere, extrinsische – zusammen. Beide Arten der Motivation lassen sich im E‑Learning gezielt steigern. Hierzu ein genauerer Blick auf die beiden Arten der Lernmotivation:
Intrinsische Lernmotivation
Intrinsisch motivierte Personen beziehen ihre Motivation aus der Tätigkeit oder Aufgabe selbst. Die Motivation basiert also auf dem eigenen Willen, etwas bestimmtes erreichen oder vermeiden zu wollen. Im Kontext des Lernens bedeutet das: Je relevanter und anwendbarer die Inhalte, desto höher ist die Eigenmotivation, sich wirklich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Extrinsische Lernmotivation
Natürlich kann Motivation aber auch von außen beeinflusst werden – unabhängig vom eigenen, inneren Antrieb einer Person. In diesem Fall spricht man von extrinsischer Motivation. Damit sind vor allem konkrete Vorteile gemeint, die einen zusätzlichen Anreiz bieten, eine bestimmte Sache zu tun. Im Fall des Lernens sprechen wir meist von Zertifikaten, Auszeichnungen, Boni, etc.
Dabei gilt: Die intrinsische Motivation erzielt nicht nur stärkere Ergebnisse, sondern ist auch nachhaltiger und deshalb wertvoller. Wenn es also darum geht, Motivation zu steigern, sollte der Fokus zunächst immer auf der intrinsischen Motivation liegen.
1. Ziele und Erwartungen mitteilen
Die einfachste Art, zu motivieren, ist es, den Lernenden einen jederzeit und leicht einsehbaren Überblick über ihren Lernprozess zu geben
- Übersichtliche Kapitelmenüs,
- Angaben zur ungefähren Lerndauer,
- klar kommunizierte Kriterien zum Bestehen,
- und ein immer sichtbarer und aktueller Bearbeitungsstand
sind fundamental für die Motivation. Denn im Gegensatz zu analogen Medien, wie bspw. einem Buch, Heft, Arbeitsblatt oder analogen, zeitlich begrenzten Lernveranstaltungen, lässt sich der Umfang digitaler Lerninhalte nicht einschätzen. Informationen, die sonst die analogen Medien und Veranstaltungsrahmen liefern, müssen im E‑Learning auf andere Weise dargestellt werden. Achten Sie deshalb darauf, dass Ihr Autorentool in jedem Fall die hier genannten Features mit sich bringt.
2. Mehr Abwechslung
Einer der entscheidenden Vorteile des E‑Learnings ist, dass professionelle Softwares jede Menge unterschiedliche und interaktive Formate bieten. Wieso sie also nicht in ihrer ganzen Bandbreite nutzen? Texte können oft leicht ersetzt werden durch Videos, Infografiken, Audiodateien, interaktive Bilder, etc… und auch die Texte selbst lassen sich mit der richtigen Software ansprechend gestalten: Wie wäre es also zur Abwechslung mit Ausklappboxen, Textkarussellen, Akkordeons und Flipcards, um die Lernenden gerade in umfangreichen Onlinekursen bei Laune zu halten?
Gleichzeitig helfen die verschiedenen Formate dabei, die Präferenzen der verschiedenen Lerntypen zu berücksichtigen. Achten Sie bei der Wahl Ihres Autorentools deshalb darauf, dass es sowohl Elemente für visuelle, lesend-schreibende, kommunikative und auditive Lerntypen gibt.
3. Der passende Schwierigkeitsgrad
Nicht alle Lernenden haben die gleichen Voraussetzungen. Das Vorwissen zu verschiedenen Themen variiert stark nach Ausbildung und Erfahrung. Da sowohl Unter- als auch Überforderung schnell demotivieren, ist es wichtig, Lerninhalte entsprechend zu individualisieren. Logisch: Niemand ist motiviert zu lernen, wenn man bereits im ersten Kapitel nur Bahnhof versteht und gleichermaßen macht es keinen Spaß, wertvolle Lebens- und Arbeitszeit mit unnötigen Wiederholungen von längst vorhandenem Basiswissen zu verschwenden.
Das Zauberwort für diese Herausforderung lautet “Adaptives Lernen”, also die Anpassung der Lerninhalte und des Lernprozesses an die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Lernenden. Möglichkeiten der Anpassung gibt es mehrere. Um gezielt Über- oder Unterforderung zu vermeiden, können sogenannte Pretests eingesetzt werden: Wissenstests, die noch vor Kursbeginn den Wissensstand überprüfen und die Lernenden auf Basis der Ergebnisse zum jeweils passenden Kurs/Kursabschnitt leiten.
Dieses Vorgehen vermeidet nicht nur Demotivation, sondern schont auch kognitive Ressourcen, verkürzt die benötigte Lernzeit und ermöglicht im Fall von Wissenslücken die Selbstreflexion.
4. Teamgeist wecken
Manche Lernende blühen erst in der Gruppe beim gemeinsamen Lernen so richtig auf. Gut, dass E‑Learning und soziale Verbindungen sich nicht ausschließen – ganz im Gegenteil. Es ist gang und gäbe, verschiedene analoge und digitale Lernformen zu mischen. In diesem Fall spricht man von sogenanntem Blended Learning [engl. to blend: mischen]. Ziel ist, die Vorzüge analoger Präsenzveranstaltungen mit der Flexibilität des digitalen Lernens zu vereinen.
Dabei können Inhalte der analogen Veranstaltung digital gefestigt oder Lerninhalte so aufgeteilt werden, dass in den Präsenzveranstaltungen mehr Zeit für praktische Inhalte entsteht, die der persönlichen Betreuung durch Lehrkräfte oder die Anwesenheit in bestimmten Räumlichkeiten bedürfen. Gleichzeitig kommen die Lernenden zusammen und können sich über Lernerfahrungen austauschen oder in Gruppenarbeiten gemeinsam an neuen Lerninhalten arbeiten.
5. Sehen, wo es klemmt
Onlinekurse werden nicht vollständig oder mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen abgeschlossen? Learning Analytics erlauben einen detaillierten Einblick, an welchen Inhalten Lernende besonders häufig stocken. Dabei funktionieren Learning Analytics ganz ähnlich wie Google Analytics fürs Web: E‑Learning Softwares machen das Lernverhalten transparent und messbar – weit über offensichtliche Kennzahlen wie “Testergebnisse” oder den “Abschluss des Kurses” hinaus. Beispielsweise können erhoben werden:
Daten zum Lernendenverhalten
- Anzahl der Aufrufe eines Inhaltes/Kapitels/Videos: zur Prüfung, welche Inhalte beim ersten Mal erfasst wurden (Erfolg) bzw. als Indiz für zu komplizierten/ unverständlichen Inhalt
- Klickverhalten von Nutzenden: als Indiz für Interessen
- Dauer abgespielter Videos: als Prüfung ob vollständig abgespielt oder nicht (ggf. Einsparpotenziale für zukünftige Lernvideos, weil diese besonders teuer sind)
- benötigte Zeit pro Kapitel/Medientyp: zur Feststellung von Präferenzen
- insgesamt benötigte Zeit: z.B. um Zielgruppen zu vergleichen und um aufgewendete Lernzeit zu kalkulieren
Ergebnis-Daten
- Abschlussstatus (offen, begonnen, in progress): um die erfolgreiche Durchführung zu kontrollieren und ggf. zu erinnern
- Punktzahl/Score bei Wissenstest
- im Vorfeld des Lernens via Pretest (zur Adaption der Lernangebote an den Wissensstand des Lernenden)
- zur Bewertung des Lernerfolgs (damit eingeschlossen ist die Qualität des zugehörigen Lerninhaltes)
- Nutzung als Teilnehmerliste/Nachweis
- Anzahl der benötigten Versuche für Tests: als Indiz für Qualität des zugehörigen Lernmaterials
Auf diese Weise lassen sich detailliert Ursachen ablesen und feststellen, welche Inhalte eventuell optimierungsbedürftig sind. Darüber hinaus lassen sich Learning Analytics natürlich noch für sehr viel komplexere Betrachtungen nutzen: Beispielsweise für die Ermittlung des Return on Invest oder zur Betrachtung von echten Kompetenzentwicklungen.
6. Gamification
Wir alle tragen auch nach wie vor einen angeborenen Spieltrieb in uns – auch wenn er im Erwachsenenalter oftmals nicht mehr in gleicher Intensität befriedigt wird wie im Kindesalter. Doch wie wir wissen: Spielen macht auch Erwachsenen Spaß! Nutzt man bewusst Spielelemente im E‑Learning, triggert man dabei den Spieltrieb der Lernenden – vielleicht sogar ohne, dass sie bewusst wahrnehmen, dass sie sich überhaupt noch in einer Lernsituation befinden. So erklärt sich, weshalb auch oftmals von “spielend leichtem Lernen” die Rede ist.
Hierfür werden bewusst Spielelemente in einen Nicht-Spiel-Kontext übertragen: Challenges, konstruierte Konkurrenz, Punktesysteme, schnelles Feedbacks, Level, … sie alle wecken Neugier und Ehrgeiz und verwandeln den Lernprozess in ein emotionales Erlebnis. Auf diese Weise wiederholen und festigen die Teilnehmenden Wissen, angetrieben von den eigenen Emotionen und ohne, dass es ihnen schwer fällt.
7. Realistische Szenarien
Denken Sie an sich selbst: Wann sind Sie am empfänglichsten, neues Wissen zu lernen? Wahrscheinlich wenn...
- Sie das neue Wissen tatsächlich weiterbringt.
- Sie sich im Lernprozess nicht mit unnötigen Inhalten beschäftigen müssen, die Ihnen die Zeit rauben, ohne Ihnen anwendbares Wissen zu liefern.
- Inhalte an Beispielen erklärt werden, die Sie auch anhand Ihrer eigenen Tätigkeiten nachvollziehen können.
Sicherlich könnten Sie diese Liste noch um einige Punkte verlängern, letztlich würden jedoch alle zur gleichen Schlussfolgerung führen: Ihre Motivation dürfte am höchsten sein, wenn die Lerninhalte für Sie relevant sind. Genau dann können Sie Ihre kognitiven Ressourcen ideal verwenden und Wissen am besten verinnerlichen.
Bei der Erstellung von Onlinekursen gilt es deshalb, Inhalte immer maximal an die Realität anzupassen. Stellen Sie deshalb immer die Frage: Können die NutzerInnen das dargebotene Wissen wirklich anwenden? Und können sich die Lernenden wirklich mit den gewählten Beispielen identifizieren?
Clevere Tools wie Knowledgeworker Coach unterstützen zusätzlich, indem sie Ihnen die Möglichkeit bieten, ganze Kommunikationsszenarien realistisch abzubilden – ideal überall dort, wo es um Kundenkontakte geht. Auf diese Weise können NutzerInnen risikofrei anhand realistischer Gesprächssituationen ihre Kommunikationsfähigkeiten verbessern, um sie anschließend direkt in der Realität zur Anwendung zu bringen.
8. Belohnungen
Im Gegensatz zu allen anderen hier besprochenen Tipps steigern Belohnungen nicht die intrinsische, sondern die extrinsische Motivation. Möglichkeiten gibt es zuhauf: Die Ausstellung von Zertifikaten, Verleihung neuer Titel, öffentliche Auszeichnungen, Prämien, Gehaltserhöhungen, Gutscheine oder gar Beförderungen. Auch wenn es leicht erscheint, mit Belohnungen zu locken, sollten Sie diese trotzdem gewählt einsetzen: Der dabei entstehende Wettbewerb unter den KollegInnen kann auch demotivieren, wenn die Voraussetzungen nicht ähnlich genug sind.
9. Freiheit
Können Teilnehmende zumindest teilweise selbst Entscheidungen über den Lernprozess treffen, vermittelt das ein motivierendes Gefühl von Kontrolle und Macht. Beispielsweise lässt sich mit sogenannten Lernpfaden festlegen, welche Kurse verpflichtend und in welcher Reihenfolge belegt werden müssen, aber auch über welche Kurse und Vertiefungen die Teilnehmenden frei entscheiden können. Auch hier gilt: Dosieren Sie die Freiheiten gut. Stehen den Lernenden nämlich wiederum zu viele Optionen offen und fehlt es an Struktur, kann sich Freiheit auch in Demotivation verkehren.
Ist Motivation messbar?
Motivation lässt sich nicht direkt, aber zumindest indirekt messen. Motivierte Lernende zeigen sich durch bessere Ergebnisse und schnellere Fortschritte. Bereits einfache Learning Analytic Tools helfen dabei, diese Kennzahlen zu ermitteln. Vergessen Sie hierfür jedoch nicht, vor Veränderungen den jeweiligen Status Quo zu erfassen. Nur so lassen sich die Effekte auch wirklich zuverlässig analysieren. Darüber hinaus steht es Ihnen natürlich auch frei, Ihre Mitarbeitenden mittels Umfragen direkt um eine Einschätzung der E‑Learning Angebote und ihrer Motivation zu bitten.
Fazit.
Mit der Motivation der Mitarbeitenden steht und fällt der Lernerfolg. Glücklicherweise gibt es mehrere effektive Möglichkeiten, die Motivation gezielt zu steigern. Fokussieren Sie sich bei Ihren Maßnahmen zuerst auf die intrinsische Motivation und setzen Sie äußere Anreize wie Belohnungen nur gut dosiert ein – denn auch mit Belohnungen kann in unzureichend umgesetzten E‑Learning-Angeboten Frustration entstehen. In solch einem Fall würden die Lernenden vielleicht die gesetzten Ziele erreichen, ohne das neue Wissen nachhaltig zu verankern. Ein professionelles Autorentool unterstützt Sie in allen Maßnahmen, die die intrinsische Motivation fördern.
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