Wie cleveres Storytelling im E‑Learning den Lernerfolg steigert
Es war einmal eine engagierte und hochbegabte E‑Learning Autorin, doch egal wie sehr sie sich bemühte… Einige Mitarbeitende konnte sie einfach nicht zum Lernen motivieren. Immer wieder gab es ernstzunehmende Fälle von nicht abgeschlossenen E‑Learning Kursen. So recherchierte sie tage- und nächtelang, um eine neue geeignete Motivationsmethode zu finden, die sie noch nicht ausprobiert hatte – und plötzlich, als sie fast aufgegeben hatte, fand sie das langersehnte Zauberwerkzeug!
Storytelling ist nicht nur ein effektives Marketing-Tool, sondern auch im E‑Learning ein unschlagbares Mittel, um Lerninhalte effektiver zu vermitteln – vor allem in Situationen, in denen es den Lernenden besonders schwerfällt, am Ball zu bleiben. In diesem Beitrag lesen Sie, wie Sie trockene E‑Learning Kurse ganz einfach spannender machen und wie Sie bereits mit einfachen Storytelling-Tricks den Lernerfolg steigern.
Storytelling: Die hirngerechte Art zu kommunizieren
Unser Hirn liebt Geschichten! Was im ersten Moment platt klingt, findet seinen Ursprung in unserer Amygdala – dem Teil des Hirns, der emotionale Reize bewertet. Gewissermaßen ist sie eine Diva, verwöhnt von den spannenden Geschichten unserer Evolution über die Flucht vor dem Säbelzahntiger, über die Jagd, über das nackte Überleben. Hollywood pur eben. Dabei steht sie in unmittelbarer Verbindung zum Hippocampus, der wiederum eine zentrale Rolle bei der Langzeit-Gedächtnisbildung einnimmt. Möchte man nun also mit neuem Wissen den Hippocampus erreichen, gilt es zuerst, die Amygdala zu überzeugen. Und wie könnte man das besser, als mit einer neuen, spannenden Geschichte, nach denen sie so süchtig ist!? (Merken Sie, was wir gerade tun? Wir geben der Amygdala menschliche Eigenschaften und erzählen mit ihr eine kleine Geschichte.)
Was wir damit zum Ausdruck bringen wollen: Geschichten wecken unsere Emotionen und bleiben deshalb länger im Gedächtnis als Wissen, das ohne den Kontext einer Geschichte vermittelt wird. Tatsächlich reicht unsere Vorliebe für Geschichten so weit, dass in einem Experiment verschiedenster, nahezu wertloser Plunder im Wert von 129 Dollar auf eBay für 8000 Dollar verkauft wurde, nur weil jedem Gegenstand eine emotionale Story beigefügt wurde.
Die Vorteile von Storytelling im E‑Learning
Niedrige Hemmschwelle
Storytelling erleichtert den Einstieg in trockene oder besonders komplexe E‑Learning Kurse, die üblicherweise eher ungern absolviert werden. Wenn schon das persönliche Interesse und damit die intrinsische Motivation bei manchen Themen nicht besonders hoch sind, so sorgt wenigstens die emotionale Verbindung für einen Zugang zum Thema.
Höhere Motivation
Storytelling ist immer eine Chance, um die Identifikation zwischen Lernenden und Lernstoff zu stärken und die Relevanz der Themen zu verdeutlichen – vor allem an Stellen, an denen der persönliche Nutzen des Wissens nicht auf den ersten Blick offensichtlich ist. Und wir wissen: Je relevanter ein Lerninhalt für das Individuum, desto höher die Motivation zu lernen.
Kontextualisierung von neuem Wissen
Storytelling ist keine Einbahnstraße. Werden uns Geschichten erzählt, werden so unsere Emotionen und unsere Fantasie angeregt. Gleichzeitig wird die geistige Beteiligung gefördert und Lernenden fällt es leichter, selbst Situationen zu erkennen, in denen sich das theoretisch erlernte Wissen anwenden lässt.
Bessere Lernergebnisse
Jeder der zuvor genannten Punkte sorgt schließlich für bessere Lernergebnisse – sei es durch leichteren Zugang zum Thema, Identifikation, die (Wieder)erkennbarkeit von Anwendungsszenarien oder die höhere Motivation, die durch die emotionale Verbindung und die bessere erkennbare Relevanz der Lerninhalte entsteht. Sichtbar werden die besseren Lernergebnisse zum Beispiel durch kürzere Lernzeiten, höhere Abschlussquoten und bessere Testergebnisse sowie durch langfristigere Anwendbarkeit des Wissens.
Wie Storytelling im E‑Learning umgesetzt werden kann
1. Die richtige Dramaturgie
Gute Geschichten folgen im Allgemeinen (fast) immer derselben Dramaturgie: Exposition, Handlungssteigerung, Klimax, Handlungsabfall, Auflösung – so simpel wie wirkungsvoll. Ein Marketing-Professor hat, um die Wirksamkeit dieser Dramaturgie zu beweisen, 108 Super-Bowl-Halbzeit-Werbespots analysiert. Das Ergebnis: Die beliebtesten Spots folgen tatsächlich dem klassischen Fünfakter. Unangefochtener Sieger war Budweisers Lost Dog, wobei der flauschige Golden Retriever mit Sicherheit ein nicht zu vernachlässigendes Argument gewesen sein dürfte.
2. Authentizität und Relevanz
Achten Sie beim Geschichten-Erzählen immer darauf, eine Handlung zu wählen, mit der sich die Lernenden auch wirklich identifizieren können. Je mehr sich die Lernenden selbst wiedererkennen, desto höher werden sie auch die Relevanz der Lerninhalte bewerten, was in Folge wiederum zu höherer Motivation und größerem Lernerfolg führt. Bedenken Sie dabei auch, dass Ihre Belegschaft mit Sicherheit nur bedingt homogen ist und sprechen Sie auch immer wieder jene an, die sich in der Minderheit befinden (Stichwort Diversity).
3. Charaktere
Wirklich jede*r kennt Maus und Elefant aus “Die Sendung mit der Maus”. Jahr um Jahr erzählt die Maus täglich neue Sach- und Lachgeschichten, so einprägsam, dass man sich vermutlich sogar noch an eine Folge aus der Kindheit erinnern kann. In diesem Fall hat der WDR einen wiederkehrenden Charakter geschaffen, der die Sendung erfolgreicher gemacht hat als jede andere im deutschen Kinderfernsehen. Und mit Sicherheit kennen Sie das Prinzip der fiktiven Charaktere auch aus anderen Lernkontexten. Wieso also machen Sie sich das Erfolgsrezept nicht zunutze und schaffen einen Charakter, der durch Ihre Lerninhalte führt? Im Idealfall wählen Sie einen Charakter, der die Emotionen anspricht und/oder mit dem sich die Lernenden identifizieren können.
Stellen Sie sich nur einmal vor, ein Hundewelpe wie im Budweiser Spot würde schwanzwedelnd erscheinen, wenn die Lernenden ein Kapitel erfolgreich beendet haben!?
Wie Storytelling im E‑Learning konkret angewendet werden kann
Wie wir bereits festgestellt haben, lässt sich Storytelling mit genügend Kreativität an nahezu jeder beliebigen Stelle einsetzen. Einige Punkte in E‑Learning Kursen eignen sich jedoch besonders, um sie in Form von Geschichten zu erzählen:
Die Einführung
Die Einführung ist der Moment, der entscheidet, ob Sie Ihre Lernenden catchen oder nicht. Dementsprechend viel Aufmerksamkeit dürfen Sie den ersten Zeilen widmen. Hier lohnt es sich tatsächlich, eine Geschichte nach oben benannter Dramaturgie zu erzählen, deren Konflikt nach Möglichkeit auch mit den Pain Points der Lernenden übereinstimmt. So bauen Sie nicht nur Spannung auf, sondern zeigen Ihren Mitarbeitenden auch gleich die Lösung auf, die Sie am Ende, bei erfolgreichem Abschluss des Kurses erwartet.
Beispiele, Fallstudien, Problemlösung
Immer dann, wenn Sie ein Beispiel aufführen, ist der ideale Moment gekommen, um eine neue Geschichte zu erzählen. Je nach Inhalt können die Geschichten aufeinander aufbauen und immer von denselben Charakteren handeln oder aber Sie erfinden im Sinne der Diversität immer neue Protagonist*innen. Machen Sie diese Entscheidung am besten davon abhängig, wie viele verschiedene E‑Learning Inhalte Sie insgesamt anbieten. Haben Sie eine Vielzahl an Kursen, können Sie innerhalb einzelner auch bei gleichbleibenden Charakteren bleiben – das sorgt für eine stärkere emotionale Bindung.
Software-Tipp: Szenariobasiertes Lernen
Kundengespräche inzwischen sogar über sogenannte virtuelle Coaching-Software simulieren lassen? Dabei begeben sich die Lernenden in einen realitätsnahen Dialog mit dem*der virtuellen Gesprächspartner*in. Die Reaktionen des Coachs erfolgt immer in Abhängigkeit von den jeweils gewählten Handlungs- und Kommunikationsoptionen der Lernenden und gibt unmittelbares Feedback wie in realen Situationen. Auf diese Weise entstehen realitätsnahe Gespräche, die ihrerseits wie eine Geschichte funktionieren. Besser noch: Die Lernenden werden sogar Teil des Geschehens und nehmen aktiv Einfluss – die beste Grundlage für langfristige Lerneffekte.
3 konkrete Tipps zur Umsetzung von Storytelling
1. Die Zielgruppe berücksichtigen
Ein virtueller entlaufener Welpe, der mit jedem abgeschlossenen Kapitel seinem Herrchen näher kommt, mag vielleicht besonders unsere Emotionen ansprechen, ist aber vielleicht nicht die richtige Wahl für eine komplexe Schulung von Führungskräften… Aber vielleicht für eine lockere Weiterbildung für kleine Teams.
Was wir sagen wollen: Achten Sie bei der Konzeptionierung des Storytellings auf Ihre Zielgruppe und passen Sie die Geschichten, Beispiele und Charaktere entsprechend an, sodass sich die Teilnehmenden im richtigen Maß ernst genommen und dennoch emotional angesprochen fühlen und sich gleichzeitig möglichst stark identifizieren.
2. Passende Medien und Formate wählen
Text, Video, Audiodatei, Animation, Gif, … Es mag sein, dass sich jede Story mit Mühe in jedem beliebigen Format erzählen lässt – und doch gibt es doch meist ein Format, das sich am aller besten eignet. Wägen Sie also zunächst ab, wie sich Ihre Story am leichtesten und gleichzeitig am einprägsamsten erzählen lässt. Im Optimalfall verwenden Sie immer wieder verschiedene Formate, um so auch verschiedene Lernpräferenzen zu berücksichtigen.
3. Feedback
Gerade zu Beginn, wenn Sie Storytelling einführen und vielleicht ja sogar in bereits bestehende E‑Learning Inhalte integrieren, ist das Feedback der Lernenden Gold wert! Bilden Sie eine kleine Testgruppe oder, wenn dafür nicht genügend Zeit ist, befragen Sie Ihre Mitarbeitenden im Anschluss an Ihre ersten Versuche, wie sie das Lernerlebnis empfunden haben. Mit konkret formulierten Fragen und einer kleinen Anleitung zu konstruktivem Feedback, werden Sie mit Sicherheit wertvolle Hinweise erhalten, wie Sie zukünftig Ihr Storytelling optimieren können.
Best Practice: 2 gelungene Beispiele für Storytelling im E‑Learning
Social Engineering – Angriffe auf die Schwachstelle Mensch: ein E‑Learning Kurs
Mit dem E‑Learning Kurs “Social Engineering – Angriffe auf die Schwachstelle Mensch” finden Sie ein Beispiel für exzellentes Storytelling: Obwohl Social Engineering durchaus abstrakt und nur schwer von klassischen Hacking zu unterscheiden ist, hilft die fingierte Geschichte zu Beginn nicht nur dabei zu verstehen, worum es eigentlich geht, sondern sorgt dabei auch dafür, dass die Mitarbeitenden sich wiederfinden und so die Relevanz des Themas erkennen. Aus Erfahrung wissen Sie natürlich, dass diese Faktoren für höhere Motivation und folglich auch bessere Lernergebnisse sorgen. Testen Sie den Kurs gern selbst!
Szenariobasiertes Lernen: Kundengespräch im Großhandel
Beim szenariobasierten Lernen in Knowledgeworker Coach trainieren Ihre Mitarbeitenden gezielt Softskills wie Kommunikation oder Verhandlungsgeschick. Im Coaching-Szenario "Kundengespräch im Großhandel" versetzen sich Ihre Mitarbeitenden in die Rolle eines Großhändlers, der eine langjährige Kundin zurückgewinnen möchte. Die Bilder und Dialoge erzeugen eine immersive Geschichte, die den Lernenden hilft sich in die Situation einzufinden und emphatisch auf die virtuelle Kundin zu reagieren. Probieren Sie es aus und überzeugen Sie sich selbst vom praxisnahen Storytelling dieses Coachings.
Fazit.
Storytelling ist die natürlichste Art unserer menschlichen Kommunikation, die im Sinne schneller und effizienter Vermittlung von Fakten leider zu nur oft in den Hintergrund gerät. Was bei besonders interessanten und offensichtlich relevanten Themen funktionieren mag, scheitert jedoch schnell, wenn Wissen trockener oder komplexer wird. Schon einfache Beispiele, mit denen sich die Lernenden identifizieren können, reichen mitunter aus, um Mitarbeitende zu catchen und zu motivieren. Je näher Sie dabei dem beliebten 5-Akter kommen, desto größer und langfristiger der Lernerfolg! Die chemmedia AG unterstützt Sie gern bei der Entwicklung starker Lerninhalte mit Storytelling-Elementen.
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